NHA im Ausland

StanziDD, Dienstag, 27. Juni 2023, 17:00 (vor 307 Tagen)

Ich bin seit einiger Zeit stiller Mitleser dieses sehr guten Forums für Betroffene, nun möchte ich zu diesem Thema auch einen Beitrag schreiben.
Leider musste ich während unseres Urlaubs im letzten Jahr medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Die Sehkraft auf meinem linken Auge ist seit Geburt sehr gering durch eine hochgradige Myopie. Rechtes Auge ist „in Maßen“ kurzsichtig (-3,75). Vor fast 20 Jahren wurden im LA 2 kleine Löcher in der Netzhaut gelasert, 2007 hatte ich eine Katarakt-OP. Wir (mein Mann und ich) haben in den letzten Jahren sehr gern Fernreisen unternommen (Australien, Neuseeland, USA), alles ohne Probleme. 2022 waren wir im September in den USA. Nach 4 Tagen Seattle haben wir ein Wohnmobil übernommen und schon am nächsten Tag bemerkte ich, dass am linken Auge ein Schatten war. Ich bin sensibilisiert für Veränderungen am Auge, daher haben wir den nächst gelegen Augenarzt von unserem Standort aus mit Google gesucht, das war die Clinic Casey Eye Institute in Longview (Washington). Nach dem ich erklären musste, wie ich die Behandlung bezahlen würde, wurde ich intensiv von 2 Ärzten untersucht und erhielt die Diagnose: Netzhautloch mit Flüssigkeitsansammlung. Mir wurde empfohlen, möglichst zeitnah in die „Zentrale“ des OHSU Casey Eye Institute, d. h. die Uniklinik in Portland, zu fahren. Man würde mich für den nächsten Tag dort ankündigen. So sind wir nach Portland gefahren, ich wurde tatsächlich bereits erwartet und wurde in der Augenklinik intensiv untersucht. Angenehm war mir u. a. aufgefallen, dass der Arzt mit einem mobilen „Computer auf Rädern“ in das Zimmer kam, was sich als universaler Translator entpuppte. Man hätte mir sofort alles ins Deutsch übersetzt, war aber nicht notwendig, mein Mann und ich konnten alles verstehen.
Ich wurde wieder sehr intensiv untersucht, wieder von 2 Ärzten. Diagnose: Makulaloch mit subretinaler Flüssigkeit. Man könne erstmal nichts tun, nur abwarten, vorerst keine OP. Habe mehrfach ausdrücklich nachgefragt, nein, wir sollten unseren Urlaub nicht abbrechen, sondern erst nach knapp 3 Wochen zu Hause zum Arzt gehen. Jeder in ähnlich Situation kann nachvollziehen, wie unsicher ich war. Ich habe die Befunde zu meinem Augenarzt hier in Deutschland gemailt und auch von ihm die Antwort erhalten, ich soll meinen Urlaub fortsetzen, man könne erstmal nichts tun. Wenn wir zurück sind, soll ich zum ihm kommen. Nachdem also mehrere Ärzte diese Auskunft gegeben haben, haben wir unseren Urlaub wie geplant fortgesetzt.
Es war eine sehr merkwürdige Zeit, ich habe bemerkt, wie der Schatten auf meinem Auge immer größer wurde, wie ein Vorhang von oben rechts „runterfiel“, wann immer möglich habe ich gegoogelt, auch hier im Forum viel gelesen, ich hatte Panik-Attacken, ein paar Mal waren wir kurz davor, alles abzubrechen. Dann habe ich wieder die Befunde und die Antwort von meinem Augenarzt gelesen….
Das Ende der Geschichte: wir sind planmäßig zurückgeflogen, Samstagabend waren wir zu Hause, Sonntag war ich beim augenärztlichen Bereitschaftsdienst. Der Arzt dort sagte mir, dass ich hoffentlich eine guten Operateur erwischen würde, denn so etwas hätte er schon lange nicht mehr gesehen, wenn überhaupt schon einmal. Die Diagnose nun war: Ablatio totalis.
Ich bin am nächsten Tag (Montag) in das Krankenhaus eingerückt, wurde auf Grund von Personalmangel und „viel zu tun“ erst am Mittwoch operiert: pars-plana-Vitrektomie mit Retinotomie, Retinektomie, Exokryo, Endolaser
und Silikonölinstillation. Seitdem habe ich Öl im LA und das soll, wenn möglich, für immer bleiben.
Es geht mir sehr gut. Ich gehe arbeiten, wir reisen (erste Flugreise ist auch schon wieder vorbei). Das Faszinierendste für mich ist: ich sehe auf meinem linken Auge zurzeit fast besser als vor der OP. Ich habe Lichterscheinungen, aber im Rahmen. Wahrscheinlich durch das Öl sehe ich etwas schärfer, als je zuvor. D. h., wenn mir nun beim Sehtest die 5 Finger gezeigt werden, kann ich – im Gegenteil zu vorher, bei gutem Licht erkennen, das mir da eine Hand gezeigt wird.
Die Auslandsreisekrankenversicherung hat alle Kosten, die bei den Augenärzten entstanden sind und die ich vorschießen musste, anstandslos übernommen.
Abgesehen von meinem persönlichen „Leidensweg“ ist mein Fazit für Urlaubsreisen in das Ausland: genug Geld auf der Kreditkarte haben, um Arztkosten vorzuschießen (bei mir waren das insgesamt für beide Einrichtungen 595 US-Dollar). Unbedingt eine Auslandsreisekrankenversicherung abschließen. Praktisch ist, wenn man seine Krankengeschichte aus dem Kopf weiß oder sie irgendwo abrufbar gespeichert hat.


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