Sehminderung und Partnerschaft

Angelika (Bayern), Freitag, 05. Mai 2006, 19:23 (vor 6574 Tagen)

Hallo ihr Lieben,
heute mal ein ganz anderes Thema. Ganz direkt gefragt: wie geht euer jeweiliger Partner mit euch um, wenn nach der NHA die Sehkraft nicht wieder voll zurückkehrt>
Ich selbst habe da unterschiedliche Erfahrungen. Mein Partner zu der Zeit, als die Sehminderung eintrat, hat mich gegenüber Dritten unterstützt, zu Hause bevormundet und, das fand ich das stärkste Stück, auf der Straße mal vor eine Laterne laufen lassen *grins - die meiste Zeit ist er dann seiner Wege gegangen und ich war mit meinem Sohn allein zu Haus.
In der jetzigen Partnerschaft sieht es dagegen ganz anders aus, nicht zuletzt, weil mein Mann selbst eine Behinderung hat.
Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen.
Alles Liebe
Angelika

www.sehbehinderung-bayern.de


Re: Sehminderung und Partnerschaft

Ursula (NRW), Montag, 08. Mai 2006, 19:26 (vor 6571 Tagen) @ Angelika (Bayern)


Als Antwort auf: Sehminderung und Partnerschaft von Angelika (Bayern) am 05. Mai 2006 19:23:05:


Hallo, Angelika,
du hast einen ganz heiklen, weil komplexen, Aspekt angesprochen.
Ich kann jetzt nur von einer Partnerschaft sprechen und das finde ich schon schwierig zu beschreiben. Mein Mann hat mit Sicherheit großes Mitgefühl mit mir und ist auch traurig/betroffen, wenn er bemerkt, wie groß die Seheinschränkung bei mir ist. Gleichzeitig "vergisst" er die Sehbehinderung und lässt mich dann auch schon mal "voll vor die Pumpe laufen", z.B. im dichten Menschengewühl saust er schnell wohin und ich steh unverhofft orientierungslos und leicht panisch mitten in der Menge, z.B. im Bahnhof.
Einerseits ermutigt er mich immer wieder, mir selbst die Zeit zu lassen, die ich brauche, um mich jetzt in meinem Leben mit den neuen Gegebenheiten zu gewöhnen. Andererseits stupst er mich immer wieder dazu, alles Mögliche auszuprobieren und zu testen, was ich alles kann und was mir Freude macht.
Jetzt könnte ich noch ganz viel Beispiele bringen. Zusammengefasst kann ich aber nur sagen: Wir müssen uns beide an die neuen Gegebenheiten gewöhnen, wir hatten beide - jeder für sich und auch gemeinsam - andere Pläne. Jetzt finden wir uns zusammen. Und das wird solange schwierig und turbulent bleiben, solange ich meine Erkrankung für mich nicht richtig sortiert habe. Es wird immer wieder zu Spannungen, Missverständnissen, Reiberein ... wg. der Augenerkrankung geben. Aber Hauptturbulenz ist erstmal meine eigene Unsicherheit, Unzufriedenheit, Mutlosigkeit, Orientierungslosigkeit .... solange bis ich mich orientiert habe, wieder mehr in mir ruhe und weiss, wie es für mich weitergehen kann.
Ich glaube, jegliche Krankheit - egal welche - verändert und prägt die Partnerschaft. Beide Partner müssen vom Grundsatz her bereit sein, sich drauf einzustellen. Dann klappt das schon.
Eins weiss ich ganz bestimmt: Mein Mann würde mich nicht wg. meiner Erkrankung und den damit verbundenen Einschränkungen verlassen (höchstens weil er mein Gezicke und ähnliches nicht mehr ab kann -))).
Liebe Grüße
Ursula

Re: Sehminderung und Partnerschaft

Pia, Mittwoch, 10. Mai 2006, 21:50 (vor 6569 Tagen) @ Angelika (Bayern)


Als Antwort auf: Sehminderung und Partnerschaft von Angelika (Bayern) am 05. Mai 2006 19:23:05:


Mein Partner hatte überhaupt kein Verständnis dafür daß ich mich über die "Sehverschlechterung" so aufrege und er ignoriert die Tatsache seit 2 Jahren.
Wenn er darüber spricht, dann so, daß er die Sache ins Lächerliche zieht um den Eindruck zu erwecken, es wäre halb so schlimm.
Vor allem von meiner Angst zu erblinden, was die langfristige Diagnose meines Augenarztes war, will er nichts hören.
So hab ich mich damit abgefunden, daß man mich so nicht haben will, und trage meine Angst allein.


Re: Sehminderung und Partnerschaft

Angelika (Bayern), Donnerstag, 11. Mai 2006, 06:04 (vor 6568 Tagen) @ Pia


Als Antwort auf: Re: Sehminderung und Partnerschaft von Pia am 10. Mai 2006 21:50:10:


Hallo Pia,
so wie Dir geht es vielen von uns. Eine Sehminderung (die tatsächlichen Auswirkungen) nachzuvollziehen, ist für viele Sehende unmöglich, da die angebotenen Vergleiche (vereiste Scheibe mit Guckloch, Nebel o.ä.) immer hinken. Worauf ich ursprünglich hinaus wollte: wie geht ihr persönlich damit um. Gerade in Familie und Partnerschaft. Die Angst vor der Erblindung steht am Anfang immer im Vordergrund. Dazu kommt irgendwann die "Einsicht", daß unsere Mediziner nicht alles können.
Wenn Du, Pia, schreibst, daß Du Dich mit Deinem Partner über diese Angst nicht/nicht mehr austauschen kannst, so ist das also zum Teil normal. Das ist ja auch einer der Gründe, warum sich immer wieder Selbsthilfegruppen gründen.
Ich denke mal, gerade im zwischenmenschlichen Bereich ist der Bedarf an Aufklärung sehr groß. Auch mein Partner vergißt ja immer wieder, daß ich schlecht sehe. Besonders regt mich auf, daß er viele Nachrichten (schriftliche) für mich filtert und mir einfach nicht alles vorliest. Er liest quer und hat die komplette Nachricht erfaßt, gibt aber nur das für ihn wichtige an mich weiter, was oft diesen Nachrichten einen anderen Sinn gibt.
Wir brauchen also neben all unseren Ängsten auch noch ein enormes Selbstbewußtsein, um uns hier klar auszudrücken und das, was wir noch sehen, zu vermitteln. Aber gerade am Anfang ist das Selbstbewußtsein nicht mehr das stärkste.
Liebe Grüße
Angelika


www.sehbehinderung-bayern.de

Re: Sehminderung und Partnerschaft

KAtharina (Thür), Sonntag, 14. Mai 2006, 14:18 (vor 6565 Tagen) @ Angelika (Bayern)


Als Antwort auf: Sehminderung und Partnerschaft von Angelika (Bayern) am 05. Mai 2006 19:23:05:


Interessante Frage meine Liebe!
Bei mir war es unterschiedlich.
Im Moment sieht es so aus, dass mein Liebster das alles verdrängt, da es mir ja gut geht. Einfacher für ihn, schwieriger für mich.
Morgen z.B. habe ich seit 9 Monaten meine erste Kontrolluntersuchung in Leipzig und bin schlimm nervös.
Wenn ich das dann anspreche, dann er dazu:"Aber warum, ist doch alles in Ordnung, oder>" Aber das weiß man ja nie, und mein schlechteres Auge macht hinsichtlich des Sehnervs Probleme. "Aber das ist doch eh das Schlechte!" Ja, und, was soll ich noch sagen, mit dem Zweiten sieht man Besser>
Ich bin froh, hier im Forum immer wieder zu lesen, wie es Euch geht, und ich fühle mich hier verstanden. In unserer Beziehng klammere ich das Thema bis zum nächsten SuperGau aus.
Ich war diejenige, die lange Zeit immer nach einer NHA Probleme hatte und den Partner verlassen hat, da ich oft einfach Angst hatte, es ist zuviel für den Anderen, er wird mich früher oder später eh verlassen weil ich nicht mehr alles so kann wie vorher... blabla. So habe ich mir vieles kaputt gemacht. Um mich zu schützen und weil ich Angst hatte, habe ich es lieber gar nicht erst riskiert. Danke an meinen Psychologen! *lacht*
Diesmal habe ich von Anfang an gesagt, was passieren kann, bis hin zu Blindheit, Depressionen usw. Und der Mann wollte trotzdem. Was mich sehr freut, denn auch Ihn hatte ich schon mal nach einer NHA verlassen.
Es ist nun nicht jeder der große Redner, aber ich denke schon, dass ich mich auf Ihn verlassen kann. Und vorstellen wie es ist, neben Ihm zu laufen und Ihn nicht zu sehen, oder das Glas nicht zu treffen, dass kann man eben schwer.
Beste Grüße
Katharina


Re: Sehminderung und Partnerschaft

biggi, Sonntag, 14. Mai 2006, 19:13 (vor 6565 Tagen) @ KAtharina (Thür)


Als Antwort auf: Re: Sehminderung und Partnerschaft von KAtharina (Thür) am 14. Mai 2006 14:18:31:


Hallo Katharina,
wünsche dir für morgen alles Gute und viel Glück.
Ich denke in der Partnerschaft gibt es immer wieder Schwierigkeiten, da man sich oft nicht verstanden fühlt.
Auch psychisch gibt es immer wieder Rückschläge. Mir geht es zum Beispiel immer dann schlecht, wenn sich die Mißgeschicke häufen (Kopf stoßen, Glas umschütten u.s.w.)
Berichte mal was bei der Nachuntersuchung rausgekommen ist.
Halte dir beide Daumen.
Liebe Grü0e
Biggi


Re: Sehminderung und Partnerschaft

KAtharina (Thür), Dienstag, 16. Mai 2006, 11:37 (vor 6563 Tagen) @ biggi


Als Antwort auf: Re: Sehminderung und Partnerschaft von biggi am 14. Mai 2006 19:13:46:


Liebe Biggi!
Bei mir dauert es immer eine ganze Weile, bis mich etwas nervt, also ein paar Missgeschicke über längere Zeit. Aber wenn es dann soweit ist, meist auch noch bei einer nichtigen Kleinigkeit, dann richtig...
Untersuchung war ok, eben dünne NH-Stellen am besseren Auge, zu hoher Druck am schlechteren und ein blasser Sehnerv. Am 30.Mai wird die neue Linse eingestzt, ich hoffe ich sehe dann nicht mehr so schlimm doppelt und mein Auge verkraftet die OP.
Lass es Dir gut gehen,
Beste Grüße
KAtharina


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