Als Antwort auf: Reaktionen Eurer Mitmenschen> von Nicole am 02. März 2006 10:24:57:

Hallo Nicole,

es ist wohl so, dass man sich da leider nicht zuviel erwarten sollte. Und Du weißt ja selbst warum: wem das nicht passiert, der kann das nicht nachvollziehn. Und solange man sich noch halbwegs bewegen kann und es nicht sofort auffällt, glauben alle "es ist ja wieder alles gut". Ich krieg innerlich immer einen Anfall, wenn ich den Satz höre "Ja, jetzt ist ja wieder alles in Ordnung, man sieht ja garnichts!". Oder, wenn jemand mitkriegt, dass ich operiert wurde die obligate Ansage "Ah, hast Du die Kurzsichtigkeit korrigieren lassen - siehst Du jetzt besser>>>" AAARGHH. Aber die können ja eigentlich nichts dafür.
Als ich im Juli das erste Mal operiert wurde und dann im Krankenstand war, habe ich gemerkt, was für einen tollen Freundes- und Bekanntenkreis und was für eine tolle Familie ich habe. Die haben mir alle sehr geholfen und mir gut zugeredet. Nur, tja, 3 Monate und noch 2 Operationen später wussten selbst meine besten Freunde nicht mehr, was sie mir sagen sollten, weil sie gesehen haben, dass es mit einem einfachen "Denk positiv, es wird wieder gut" auch nicht weiter kommen.

Du darfst Dir sowas nicht zu Herzen nehmen!! Versuch Dich mal in deren Lage zu setzen, wie würdest Du reagieren, was würdest Du sagen> Ich war vor kurzem in der Lage des "Zuhörers", meinem Cousin wurde ein Gehirntumor (34 Jahre alt) entfernt. Ich befürchte aber, dass ich da auch nicht wirklich hilfreiches von mir gegeben habe, obwohl vielleicht gerade ich es besser wissen sollte.

Liebe Nicole, also nicht ärgern!
Es gibt ja hier Leute, die Dich verstehen.

Liebe Grüße,
Anita

Als Antwort auf: Reaktionen Eurer Mitmenschen> von Nicole am 02. März 2006 10:24:57:

Hallo Nicole,
diese Reaktionen kenn wir wohl alle. Es kann, außer ein Betroffener, keiner nachvollziehen, was und wieviel wir sehen und vor allem nicht, welche Ängste damit verbunden sind. Versuche es einfach mal mit einer Simu-Brille. Wenn Sehende da durchsehen, kommt die Reaktion: wie, so wenig siehst du> so schlimm habe ich es mir aber nicht vorgestellt.
Statt einer Simu-Brille kannst Du auch eine Klarsichtfolie nehmen, in der sonst Dokumente aufbewahrt werden. Das mag unserer verminderten Sehkraft nicht oder nicht immer entsprechen, ist aber eine adäquate Möglichkeit, einem Sehenden die Einschränkungen "vor Augen" zu führen.
Liebe Grüße
Angelika

www.sehbehinderung-bayern.de

Als Antwort auf: Reaktionen Eurer Mitmenschen> von Nicole am 02. März 2006 10:24:57:

Liebe Nicole,

solche Reaktionen sind mir auch sehr bekannt. Einfach nur das Gefühl, nicht ernstgenommen zu werden, alleine zu sein, ..., da kann man schon verzweifeln.
Zum einen können die meisten sich nicht vorstellen, so wenig zu sehen. Dann helfen so praktische Tips wie Simulationsbrillen, Folie oder auch Plakate "aus der Sicht eines Sehbehinderten". Dann kann man so eine Ahnung davon vermitteln, wie die eigene Wahrnehmung ist.
Zum anderen glaube ich inzwischen, dass viele sich nicht mit dieser Angst auseinandersetzen wollen, weil die meisten Angst vorm Schlechtsehen bzw. Erblinden haben. Wenn ich mich eingehender mit Freunden und Familie unterhalte, kommt immer die Angst raus, sie könnten selber mal in so eine Lage kommen.
Ich versuche mir so zu helfen, dass ich nach meinem Befinden lebe, sprich viele Ruhepausen einlege und es einfach tue. Wer Interesse hat kann fragen wieso. Und wer nicht, der lässt es halt bleiben. Ich habe auch gemerkt, wie schwer es ist, sich in andere SEhgeschädigte hineinzuversetzen. Und wenn ich mir das bewusst mache, empfinde ich manche Reaktionen nicht mehr so schlimm, sondern einfach nur hilflos menschlich.
Ich wünsche dir, dass du lernst mit den Reaktionen gut umzugehen.
Ursula

Als Antwort auf: Reaktionen Eurer Mitmenschen> von Nicole am 02. März 2006 10:24:57:

Hallo Nicole,

ich hatte voriges Jahr im April eine Netzhautablösung und bin operiert worden (Gas im Auge, Silikonring usw). Danach waren alle sehr besorgt und haben gefragt wie es mir geht. Allerdings konnte keiner glauben, wie schlecht ich danach sehen konnte. (Vor der OP auf beiden Augen 100% Sehkraft und 0,5 Dioptrin, nach OP 30% Sehkraft und 8,0 Dioptrin).
Man sieht doch gar nicht's, Deine Augen sehen doch aus wie immer. Oder - Ach, wie schrecklich, das tut mir aber leid. Das waren so die Kommentare.

Im Dezember musste ich ein zweites mal operiert werden (wieder mit Gas usw.), Häutchen vor der Makula und grauer Star. Da waren dann die Reaktionen, ach, jetzt kannst du aber wieder richtig sehen, oder>>>

Zwischenzeitlich wurde auch noch auf beiden Augen der grüne Star festgestellt und ich musste Tropfen und Tabletten nehmen. Der Druck ging trotz nicht runter und ich musste Anfang Februar schon wieder operiert werden. Dieses Mal an beiden Augen. Für meine Umwelt ist das schon zur Routine geworden und die Leute fragen, wenn überhaupt, na kannst du jetzt besser sehen. Ach ne, und warum bist du dann schon wieder operiert worden>>> Man hat das Gefühl, die denken ich mache das aus Spaß und ich bin aus Langeweile so lange krank geschrieben.

Hier im Forum habe ich damals viele Leute gefunden, die die gleichen Probleme haben wie ich. Hier habe ich auch Trost gefunden und mich nicht mehr so alleine gefühlt.

Nimm es nicht so schwer, es ist für Aussenstehende wirklich nicht einfach uns zu verstehen.

Kopf hoch und ganz liebe Grüße

Gisela

Als Antwort auf: Reaktionen Eurer Mitmenschen> von Nicole am 02. März 2006 10:24:57:

Guten Morgen und vielen Dank für Eure Gedanken zu dem Thema. Eure Zeilen haben mich sehr gefreut. Hier wurde ein wichtiger Aspekt angesprochen: Jeder Sehbehinderte sieht anders. Ich würde gerne näheres dazu erfahren, dazu eröffne ich aber einen neuen Thread.