Wie nehmt Ihr Eure Umwelt visuell wahr?

Nicole, Freitag, 03. März 2006, 09:25 (vor 6637 Tagen)

In dem Thread mit dem sozialen Umfeld ist ein sehr wichtiger Aspekt angesprochen worden, der einerseits zwar logisch ist, andererseits bisher aber irgendwie noch nicht so recht den Weg in mein Bewußtsein gefunden hat ;)

Die Frage ist: Was könnt Ihr sehen, wie seht Ihr es> Ich weiß, Beschreibungen sind oft schwer, ich tu mich da selbst ein bißchen holprig.

Mit beiden Augen kann ich noch normal sehen. Ich kann alles lesen (natürlich mit entsprechender Sehhilfe, ich hab auf beiden Augen fast -12 Diop.), Autofahren, keine Gesichtsfeldbeschränkungen. Nur bei schnellen Bewegungen oder wenn ich müde bin, überlappt das rechte (schlechte) Auge, dann sehe ich bestenfalls verzerrte Linien oder mal eine ausgeblasste Farbe.

Das linke Auge ist das "gute", auf dem ich bis jetzt nur eine minimale periphere Blutung hatte vor 2 Monaten.

Mein rechtes Auge ist jedoch fast komplett zerstört, was das zentrische Sehen betrifft. Vor 6 Jahren hat ein Netzhautriß die Makula zerstört, ich kann mit diesem Auge nicht mehr lesen und Gesichter nur noch schemenhaft erkennen....

Meine zweite Frage wäre: wie meistert Ihr Euren Alltag> Es sind sicherlich nicht wenige Leute hier, die wirklich auf beiden Augen massive Probleme haben und aber trotzdem im Internet surfen können oder ähnliches. Habt Ihr dazu vergrößernde Software oder eine Art Lupe, die an den Bildschirm gepinnt wird> Habt Ihr vorsorglich oder nebenbei die Braille-Schrift erlernt>

Auf Eure Antworten bin ich gespannt!


Re: Wie nehmt Ihr Eure Umwelt visuell wahr?

Angelika (Bayern), Freitag, 03. März 2006, 10:01 (vor 6637 Tagen) @ Nicole


Als Antwort auf: Wie nehmt Ihr Eure Umwelt visuell wahr> von Nicole am 03. März 2006 09:25:00:


Na, dann eröffne ich doch mal....
Also, ein Auge (links) ist bei mir seit Geburt blind, weil sich der Sehnerv durch eine Schielfehlstellung nicht hat ausbilden können. Die Behandlung setzte erst sehr spät ein, da war ich schon vier, weil die Ärzte meiner Mutter keinen Glauben schenkten, als sie bei meiner Geburt schon behauptete, daß ich schielen würde.
Auf dem rechten Auge habe ich im Laufe von zwei Jahren meine Sehkraft schubweise verloren. Gleichzeitig kam eine Gesichtsfeldeinschränkung dazu. Heute sehe ich noch ca. 5-10%. Ich habe nicht das Gefühl, verschwommen zu sehen. Meine Bilder sind weitgehend klar. Allerdings war ich auf diesem Auge schon immer weitsichtig und hatte und habe eine Brille mit + 6,5 dpt. Je näher die Gegenstände kommen, desto unklarer werden sie. Das geht hin bis zu +16 dpt, damit ich einigermaßen lesen kann. Der Effekt ist also der gleiche wie bei Menschen, die eine Lesebrille brauchen (nur eben stärker). Um im Netz surfen zu können und auch das Kleingedruckte lesen zu können arbeite ich mit einer Vergrößerungssoftware und Scanner. Das ist einfach zum Lesen entspannter (sonst gibt´s Kopfschmerzen). Die Gesichtsfeldeinschränkung ist eigentlich das, was mir mehr Probleme bereitet. Autos oder Personen von links sehe ich nicht rechtzeitig. Wenn ich mich nach links umdrehe kann es also passieren, daß ich direkt in die Person/en laufe. Auch Bordsteine, Treppenstufen u.a. bereiten Probleme, weil ich entweder auf die Personen in meiner Umgegend achten kann oder vor meine Füße schauen kann - beides gleichzeitig geht nicht. Aus diesem Grunde laufe ich mit dem Langstock. So kann ich mich auf die Personen/Fahrzeuge u.a. konzentrieren, während der Stock auf dem Boden bleibt und ich fühlen kann, wenn eine Treppe oder ein Bordstein kommt.
Interessant wird es, wenn mir irgendwer Gegenstände in den Weg stellt, die sonst nicht an dieser Stelle zu finden sind - ich sehe sie einfach nicht. Auf der anderen Seite ist es mir schon passiert, daß ich einen Bogen um Sachen gemacht habe, die an dem Ort nicht mehr standen :-)
Interessant, was unser Gehirn alles leistet.....
Liebe Grüße
Angelika

www.sehbehinderung-bayern.de


Re: Wie nehmt Ihr Eure Umwelt visuell wahr?

biggi, Freitag, 03. März 2006, 12:24 (vor 6637 Tagen) @ Nicole


Als Antwort auf: Wie nehmt Ihr Eure Umwelt visuell wahr> von Nicole am 03. März 2006 09:25:00:


hallo nicole,

auch ich bin sehr kurzsichtig. habe momentan auf dem linken auge 2% sehkraft ( war bis vor einem halben jahr mein gutes auge)und auf dem rechten auge 30%sehkraft.
probleme habe ich im täglichen leben z. b. beim eingießen von getränken, da ich oft was daneben gieße. Außerdem habe ich schon häufiger leute umgerannt, die von links kommen. ich würde sagen das räumliche sehen bereitet mir die meisten schwierigkeiten.

liebe grüße
biggi


Re: Wie nehmt Ihr Eure Umwelt visuell wahr?

Cora- Christin (NRW), Freitag, 03. März 2006, 23:18 (vor 6637 Tagen) @ Nicole


Als Antwort auf: Wie nehmt Ihr Eure Umwelt visuell wahr> von Nicole am 03. März 2006 09:25:00:


Hallo...
Meine erste NHA hatte ich im April 2004.
Seit August letzten Jahres "sehe" ich auf dem an NHA erkrankten Auge nur noch hell und dunkel (0,02% oder 1/50). Mit Brille sehe ich auf dem linken Auge noch 100%. Ich war aber ein sogenanntes Schielkind... mein schlechteres Auge war damals das linke Auge, und mit zukleben wurde ich dann auf das sehen mit dem rechten Auge geschult. Von daher habe ich heute Schwierigkeiten da sich das "Sehen" der beiden Augen vermischt, und leider eher das NHA geschädigte, rechte Auge versucht zu gucken. Es ist aber unterschiedlich... mal ist es mehr, mal geht es aber auch. Dann fahre ich sogar wieder mit dem Wagen. Ansonsten geht es mir so wie Biggi... ich rempel andere Menschen an, und wurde deshalb sogar schon beschimpft, trotz Entschuldigung und Erklärungsversuch. Ich giesse und greife oft daneben und, und, und... Wenn mich Brillenträger fragen, was ich mit dem rechten Auge noch "sehe", dann sage ich "Schmier dir ein Brillenglas mit Vaseline ein... dann weist du es." Anderen sage ich: "Wenn du durch Glasbausteine schaust, "siehst" du was ich auf dem Auge "sehe."
Längere Texte lesen kann ich auch nicht mehr, weil ich dann ständig in den Zeilen verrutsche... von daher hab ich das lesen so ziemlich dran gegeben.
Tja,so ist es jetzt leider... aber ich nehme die Herausforderung mit allem was dazu gehört jeden Tag aufs neue an.

Liebe Grüße,

Cora- Christin


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